Cover
Titel
Swedish Ventures in Cameroon, 1833-1923. Trade and Travel, People and Politics


Autor(en)
Knutson, Knut
Herausgeber
Ardener, Shirley
Reihe
Cameroon Studies 4
Erschienen
New York 2003: Berghahn Books
Anzahl Seiten
288 S.
Preis
$29.95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Stefanie Michels, Institut für Afrikanistik, Universität zu Köln

Manche Geschichten brauchen lange bis sie ihre Leserschaft finden. Die Memoiren von Knut Knutson, schwedischer Staatsbürger, der in den Jahren 1882-1896 am Kamerunberg lebte, gehören dazu. Es ist der Verdienst von Shirley Ardener dem von ihm während des Ersten Weltkriegs verfassten Text zur Veröffentlichung verholfen zu haben. Dabei ist die Geschichte des Manuskriptes fast ebenso spannend, wie der Text selber. Knutson hatte es den „Leuten von Mapanja“ gewidmet, bei denen er damals gewohnt hatte. Folgerichtig hatte sein Sohn es im Jahre 1978 nach Kamerun schicken lassen und von dort aus waren bereits Bemühungen angestellt worden, es zu veröffentlichen. Mit Ardener fanden die kamerunischen Besitzer im Jahre 1997 endlich die richtige Person dafür. Zusammen mit ihrem Mann Edwin Ardener hatte sie seit den 1950er-Jahren in Kamerun geforscht und selbst viele Jahre am Kamerunberg gelebt. Eines ihrer Anliegen war es, Texte zur Geschichte dieser Gegend allgemein zugänglich zu machen. Mit der erstmaligen Veröffentlichung der Memoiren von Knut Knutson ist ihr dies verdienstvoll gelungen.

Das daraus entstandene Buch „Swedisch Ventures in Cameroon, 1883-1923. Trade and Travel, People and Politics“ enthält allerdings sowohl mehr als auch weniger als der Titel verspricht. Es ist in vier Teile gegliedert und beginnt mit einer Einleitung Ardeners, in dem sie in sehr persönlichem Stil Geschichte und Anspruch ihres Editionsprojektes darstellt. Den Hauptteil des Buches machen die im Wortlaut wiedergegebenen Memoiren von Knut Knutson aus, die dieser auf Englisch verfasste (insgesamt 141 Seiten). Sie sind in vielen Details von herausragender Bedeutung für die historische Forschung zu Kamerun. Seine Perspektive ist ungewöhnlich. Als junge Abenteurer ohne große finanzielle Mittel, lernten Knutson und seine Begleiter viel von den am Kamerunberg lebenden Bakweri, ihre Sprache, ihre Jagdmethoden und ihre Weltanschauung. Auf seine Betitelung von manchen Europäern als „nigger-friend“ verweist Knutson oft und voller Stolz (z.B. S. 141). Als Augenzeuge und Beteiligter des Beginns der formellen deutschen Kolonialherrschaft in Kamerun distanzierte er sich vom Einsatz von Gewalt. Stattdessen zog er Verhandlungen vor, die ein eingehendes Verständnis der einheimischen Kultur erforderten. Die Grausamkeiten vieler Europäer, meist Deutscher, beschrieb er daher sehr drastisch und voller Abscheu. Immer wieder schritt er ein, flüchteten Misshandelte zu ihm. Auch den 1895 eingesetzten Gouverneur von Puttkamer beschrieb er als grausam und rassistisch, dem Alkohol zugetan und die brutalen Methoden der Deutschen bewusst billigend. Knutson widmete „Black and White“ ein ganzes Kapitel und stellte das Zwangsarbeitregiment der deutschen Händler und Farmer und die repressive Funktion der schwarzen deutschen Soldaten eindringlich dar (S. 135f.). Als gläubiger Christ, glaubte er gleichzeitig an die „Zivilisierungsmission“, jedoch ausdrücklich mit dem Ziel, dass die Afrikaner sich selbst regierten.

Der sehr kurze dritte Teil mit dem irreführenden Titel: „Land and Plantations“ umfasst die Verträge zwischen den Schweden und den Leuten am Kamerunberg aus dem Nachlass Knutsons im Wortlaut, sowie dessen juristischen Kampf um Anerkennung seiner Landrechte, der bis ins Jahr 1928 andauerte. Dem folgt ein äußerst knapper Abriss über Knutsons Weggefährten, den Schweden Waldau, der Kamerun erst 1923/24 endgültig verließ. Hier – wie in vielen Anmerkungen – verliert die Darstellung ihren zeitlichen und geografischen Fokus.

Der letzte Teil, „Alternative Perspectives“ stellt fünf weitere europäische Protagonisten vor, die sich am Ende des 19. Jahrhunderts am Kamerunberg aufhielten und darüber schrieben. Deren Texte werden teils wörtlich wiedergegeben (Burton, Waldau, Zöller), teils von Ardener nacherzählt (Thomson, Rogozinski). Die Personen, die hier direkt oder indirekt zu Wort kommen, kannten sich meist untereinander und beschrieben teilweise tatsächlich die gleichen Ereignisse aus anderer Perspektive. Sie beziehen sich auch diachron aufeinander, z.B. war das 1865 erschienene Buch Burtons eine Motivation für Knutson und Waldau sich überhaupt zu einer „Abenteuerreise“ nach Afrika zu entschließen. Auch Ardener steuert ihre sehr persönliche und häufig überraschend anekdotenhafte Perspektive bei. Als absolute Insiderin liest sie die verschiedenen Versionen mit stetigem Enthusiasmus. Eine zusammenführende Einordnung wäre wünschenswert gewesen, auch eine vollständigere Karte hätte die Orientierung erleichtert. Zudem fallen bei der Wiedergabe der Originaltexte, die zum Teil aus dem Deutschen und Schwedischen übersetzt sind, editorische Schwächen und Schreibfehler auf. Besonders offensichtlich ist dies in der Überschrift „Der deutsche Kolonial Kamerun“ für die Exzerpte aus Hugo Zöllers Buch.

Shirley Ardeners Anspruch war, den Lesern möglichst viele „Primärquellen“ zur Verfügung zu stellen, damit sie sich „zeitgenössisch zu den Ereignissen fühlen können“. Es kommt jedoch kein Bakweri selber zu Wort, so dass ein „hineinfühlen“ in diese Perspektive verwehrt bleibt. Möglich gewesen wäre es, denn Ardener erwähnt selber zwei schriftlich verfasste Bakweri-Historiografien und hat während der jahrzehntelangen Forschung mit ihrem Mann sicher viele mündlichen Geschichten aufgenommen, die sie hätte wieder geben können. Die Konzentration auf eine gründlich edierte Ausgabe der Knutson-Memoiren mit einer abwägenden Einordnung in den gegenwärtigen Forschungsstand wäre der Lesbarkeit des Buches sicher zu Gute gekommen.

Redaktion
Veröffentlicht am
Redaktionell betreut durch
Klassifikation
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Sprache der Rezension